Samstag, 16. März 2013

Bundesbank behält den Gewinn

Zu Lust und Risiken des Kapitalverkehrs 
Die Deutsche Bundesbank hat gerade einen spärlichen Jahresgewinn 2012 von 664 Millionen Euro an ihren Eigentümer, die Bundesrepublik Deutschland, ausgeschüttet. Der größte Teil davon wurde sofort und vereinbarungsgemäß (weil die Athener Regierung die Notenbanken, die ihnen Geld geliehen hatten, gezwungenermaßen vom Schuldenschnitt ausnahm) vom Berliner Finanzministerium an den Staat Griechenland weitergeleitet. Bundesfinanzminister Schäuble ist also fast leer ausgegangen. Zur Reduzierung der eigenen Staatsschulden hat die deutsche Zentralbank nichts beigetragen.
Nun ist es nicht etwa so, daß die Bundesbank 2012 nichts oder wenig verdient hätte, sie etwa negative Auswirkungen der Finanzkrise zu spüren bekam. Das Gegenteil ist richtig. Die Zinseinnahmen unser aller Notenbank sind 2012 auf 8,3 Milliarden Euro gestiegen nach nur 4,8 Milliarden Euro im Vorjahr. Es ist vielmehr so, daß der Vorstand der Bank den Jahresgewinn erheblich nach unten manipuliert hat, indem er den weitaus größten Teil davon, nämlich 6,7 Milliarden Euro in Form von »Rückstellungen für allgemeine Wagnisse« reserviert und damit der übrigen Vermögensmasse der Bundesbank zugeführt hat. Das ist schon einigermaßen frech, von einem Gesamtgewinn 90 Prozent in der eigenen Kasse zu behalten und gerade mal zehn Prozent an den Eigentümer auszuschütten. Normale Unternehmen können sich solche Dreistigkeiten nicht leisten.
Aber wie bekannt, geht es hierbei um ein Institut der besonderen Art. Ihr Vorstand ist unabhängig, keinen Weisungen verpflichtet und weder dem Eigentümer Bund noch der Öffentlichkeit rechenschaftspflichtig. Deshalb brauchte Bundesbank-Präsident Jens Weidmann bei der Vorlage des Geschäftsberichts nur vermerken, mit den nun auf Rekordhöhe von 14,4 Milliarden Euro angehäuften Rückstellungen werde »den Risiken in der Bundesbankbilanz angemessen Rechnung getragen«. Das reichte als Begründung. Nicht nur ist die Bundesbank von Weisungen unabhängig, ihre Ratschlüsse werden in der deutschen Öffentlichkeit nicht hinterfragt.
Seit jeher verwendet die Führungsriege des Instituts einen geradezu sportlichen Ehrgeiz darauf, den Jahresgewinn und die Ausschüttung an den Bund möglichst gering zu halten. Das erhöht ihre eigenen Reserven. Allein die Goldreserven betrugen zum Jahresende 137,5 Milliarden Euro. Um Bewertungsverluste aus dem Kauf von europäischen Staatsanleihen abzufedern, hätte es der Rückstellungen aus dem aktuellen Jahresgewinn nicht bedurft. Das größte Risiko in der Bundesbank-Bilanz ergibt sich aus der Politik der Euro-Notenbanken, die Geschäftsbanken unbegrenzt mit Geld zu versorgen. Kredite an Geschäftsbanken, die entweder direkt an diese gegeben oder über andere Zentralbanken im Euro-System vergeben worden sind, machen 70 Prozent der Bilanzsumme der Notenbank aus. Diese Position steigt weiter. Das Risiko angesichts der wackligen Banken ebenso. Den Bundesbank-Oberen fällt da nichts anderes ein, als die öffentlichen Haushalte kurz zu halten, um die Geldhäuser noch besser stützen zu können. Eine verrückte Politik.
Von Lucas Zeise für "junge Welt". Unser Autor ist Finanzjournalist und Publizist. Er lebt in Frankfurt am Main.

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